Lösungen zur Bedeckung von Abfertigungsverpflichtungen - ein Überblick
Vor dem 1.1.2003 begründete Dienstverhältnisse für Arbeitnehmer fallen grundsätzlich unter die Regelung der "Abfertigung ALT" (Dienstverhältnisse danach in die Abfertigung NEU - mehr zur Abfertigung NEU finden Sie hier). Der Arbeitgeber hat bei gewissen Arten der Beendigung des Dienstverhältnisses, als gesetzlichen Anspruch (Angestelltengesetz, Arbeiter-Abfertigungsgesetz), bis zu einem Jahresgehalt an Abfertigung zu bezahlen. Diese Verpflichtungen können, wenn keine Vorsorge getroffen wurde, insbesondere bei KMU durchaus existenzbedrohend sein.
Hat ein Dienstverhältnis mindestens drei Jahre gedauert und endet es aufgrund
so entsteht der Anspruch auf Abfertigungszahlung durch den Dienstgeber. Sonderregelungen gelten bei Geburt eines Kindes bzw. Elternkarenz.
Die Abfertigungszahlung kann entweder einmalig zur Gänze bzw. gemäß den Regelungen des § 23a Abs. 2 Angestelltengesetz auf mehrere Raten verteilt werden.
Die Anspruchshöhe des Arbeitnehmers orientiert sich an der Dauer der Dienstzugehörigkeit und beträgt:
Als Monatsentgelt gilt der letzte Entgeltanspruch vor Ende des Dienstverhältnisses, wobei Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld aliquot hinzugerechnet werden. Sonderregelungen bestehen bei variablen Bezüge bzw. Bezugsteilen (Provisionen, Boni, regelmäßige Überstunden,...). Im Falle des Ablebens des Arbeitnehmers bei aufrechtem Dienstverhältnis gebühren den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Arbeitnehmer verpflichtet war, 50 % der fiktiven Abfertigungsansprüche zum Zeitpunkt des Ablebens.
Kollektivverträge sehen manchmal höhere Abfertigungen vor.
Immer noch befinden sich viele Arbeitnehmer im Regime der Abfertigung ALT. Viele Unternehmen, insbesondere im Bereich der KMU, haben jedoch dafür keine oder nur eine unzureichende Vorsorge getroffen. Gerade diesen Unternehmen raten wir unbedingt zu einer Vorsorge für diese, höchstwahrscheinlich eintretenden, Verpflichtungen.
BEIM UNTERNEHMEN
Die Abfertigungszahlung an sich stellt eine Betriebsausgabe dar. Während des aufrechten Dienstverhältnisses des Arbeitnehmers können Rückstellungen (bzw. ein steuerfreier Betrag bei nicht bilanzierenden Unternehmen) gebildet werden. Lohnnebenkosten fallen nicht an (frei von Sozialversicherung, DB, DZ, Kommunalsteuer).
BEIM ARBEITNEHMER
Die Abfertigungszahlung, soweit sie auf gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Ansprüchen beruht, ist grundsätzlich vergünstigt mit 6 % zu versteuern. Sozialversicherungsbeiträge fallen nicht an.
Wie und ob überhaupt Vorsorge getroffen wird, liegt in der freien Entscheidung des Unternehmens - eine gesetzliche Pflicht zum Aufbau einer (Mindest-)Vorsorge besteht nicht (Anmerkung: früher gab es eine verpflichtende Wertpapierdeckung, welche zumindest eine Mindestvorsorge gewährleistet hatte).
Anfallende Abfertigungszahlungen können, wenn ausreichend liquide Mittel vorhanden, aus dem laufenden Cash-Flow bezahlt werden. Da dies, insbesondere bei Zahlungen bis einem Jahresbezug, durchaus zu Liquiditätsengpässen führen kann, bieten sich langjährige Varianten des "Ansparens" an.
Hier können ein Firmensparbuch oder Wertpapiere das Instrument der Wahl sein. Wertpapiere weisen jedoch ein Kursrisiko auf (insbesondere wenn diese kurz vor Fälligkeit der Abfertigung bei unvorteilhafter Kursentwicklung zu "Geld gemacht" werden müssen). Ein Sparbuch wird im Regelfalle eine äußerst geringe Verzinsung abwerfen.
Einen Nachteil haben beide Varianten gemein:
Ein vergleichsweise hoher Aufwand in der Abwicklung für das Unternehmen selbst. Der zukünftige prognostizierte Anspruch muss jährlich neu errechnet und es müssen auch die erforderlichen Ansparvorgänge (Wertpapierkauf, Umbuchungen) durchgeführt werden.
Eine gute Möglichkeit kann die Übertragung der "alten" Abfertigungsansprüche in eine betriebliche Vorsorgekasse (BVK) sein. Damit erfolgt ein gänzlicher oder teilweiser Wechsel in das Regime der "Abfertigung NEU".
MÖGLICH IST EIN VOLL- ODER EIN TEILÜBERTRITT
Beim Vollübertritt erfolgt durch das Leisten eine "Übertragungsbetrages" ein gänzlicher Wechsel. Die Höhe des Übertragungsbetrages ist grundsätzlich frei vereinbar, wobei man aus rechtlichen Gründen gewisse Mindestgrenzen keinesfalls unterschreiben sollte ("Sittenwidrigkeit"). Ab dem Wechsel werden Beiträge in die BVK gemäß den gesetzlichen Regelungen geleistet.
Beim Teilübertritt wird die "Abfertigung ALT" auf Basis der bis dahin erworbenen Dienstzeiten zum eingefroren. Der Übertritt wirkt ausschließlich in die Zukunft - ab dem Übertrittszeitpunkt werden die Beiträge in die BVK geleistet. Es gelten zwei Regime: Abfertigung ALT für die Zeiten bis zum Übertritt, Abfertigung NEU für die Zeiten danach.
RECHTSFOLGEN EINES ÜBERTRITTS
Beim Vollübertritt kann der Arbeitnehmer, auch bei Selbstkündigung, den Anspruch aus der BVK nicht mehr verlieren. Der Arbeitgeber verliert also ein Bindungsinstrument, andererseits ist rechnerisch die Abfertigung NEU für den Arbeitgeber im Regelfalle mit geringeren Kosten verbunden.
Beim Teilübertritt beziehen sich diese Effekte nur auf den Zeitpunkt nach dem erfolgten Übertritt. Der eingefrorene Teil aus der Abfertigung ALT kann bei Selbstkündigung beispielsweise verloren gehen, der in der BVK angesparte Anspruch keinesfalls.
TIPP: Beide Varianten können für Arbeitgeber und Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein. Für den Arbeitgeber ist jedoch unbedingt eine sorgsame Vereinbarung für den Übertritt zu empfehlen. Konsultieren Sie dazu vorzugsweise Spezialisten.
Ein beliebtes Instrument zum Kapitalaufbau über mehrere Jahre ist die Abfertigungsrückdeckung.
Der prognostizierte zukünftige Abfertigungsbetrag eines Arbeitnehmers wird auf Basis des aktuellen Bezuges, des Eintrittsdatums und einer angenommenen jährlichen Bezugssteigerung ermittelt und mittels einer kapitalbildenden Lebensversicherung angespart. Für welche Arbeitnehmer eine Rückdeckung gemacht wird, obliegt dem Unternehmen.
Vorzüge und Nachteile gegenüber Firmensparbuch oder Wertpapieren:
Die Prämie stellt für das Unternehmen eine Betriebsausgabe dar, auf der anderen Seite ist der jährlich steigende Anspruch gegenüber dem Versicherungsunternehmen gewinnerhöhend zu aktivieren. Die Abfertigungsrückdeckung ist ein Vorsorgeinstrument, eine manchmal beworbene "Steuerersparnis" ist damit im Regelfalle jedoch nicht verbunden.
Die Auslagerungsversicherung ist eine adaptierte Variante der Abfertigungsrückdeckung. Sie erfordert, wenn eine steuerrechtliche Abfertigungsrückstellung gebildet wird, einen höheren "Startbetrag" in Höhe der steuerrechtlichen Rückstellungen (45 % bzw. 60 % der fiktive Ansprüche zum Bilanzstichtag bzw. 31.12. eines Jahres).
Zu Beginn ist somit ein höheres Liquiditätserfordernis gegeben als bei der Rückdeckung, dafür sind natürlich die laufenden Prämie niedriger - letztlich wird ja auf die gleiche prognostizierte Abfertigungszahlung hingerechnet. Für welche Arbeitnehmer eine Auslagerungsversicherung abgeschlossen wird, obliegt wiederum dem Unternehmen.
Unterschiede zur Abfertigungsrückdeckung:
Wir empfehlen Unternehmen (und Institutionen) jeder Größe ein aktives Abfertigungsmanagement. Dies gewährleistet Planbarkeit und die zeitgerechte Finanzierbarkeit solcher Verpflichtungen.
Für den gesamten Arbeitnehmerbestand auf welchen Abfertigung ALT anzuwenden ist, sollte ein Plan erstellt werden, welcher folgende Inhalte aufweist:
WANN FALLEN DIE ZAHLUNGEN AN
WIE HOCH WERDEN DIESE ZAHLUNGEN SEIN
Dieser Plan sollte jährlich, längstens aber in Intervallen von drei Jahren, an aktuelle Gegebenheiten angepasst werden.
Bei einem Vollübertritt in Abfertigung NEU ist dies natürlich nicht erforderlich, bei einem Teilübertritt empfehlen wir es grundsätzlich ebenso.
Werden die Zahlungen unproblematisch aus dem Cash-Flow bestritten, ist Schritt 2 nicht erforderlich (Achtung: dies wird beim überwiegenden Teil der Arbeitgeber nicht der Fall sein).
Je nach Zusammensetzung des Arbeitnehmerstandes sollte je Arbeitnehmer eine Finanzierung mit einem oder unterschiedlichen Instrumenten vorgenommen werden:
Zeitlich gemeinsam mit der Anpassung an aktuelle Gegebenheiten sollten auch die Finanzierungen gegebenenfalls "nachgezogen" und auf den aktuellen Stand gebracht werden.
Durch ein aktives und professionelles Abfertigungsmanagement hat man, bei sehr überschaubarem Aufwand, ein gutes Instrument für die betriebswirtschaftliche Planung bei der Hand.
Durch aktives Abfertigungsmanagement hat ein Unternehmen
zur Bedeckung von Verpflichtungen aus dem Titel der Abfertigung ALT welche wahrscheinlich zukünftig schlagend werden.