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Kippt der Rechnungszinssatz von 6 Prozent bei Pensionsrückstellungen im EStG?


UPDATE dezember 2020: VfGH sieht keinen Änderungsbedarf beim rechnungszinssatz

UPDATE BLOGBEITRAG ZINSSATZ ESTG JUBILÄUMSGELD UND PENSIONSRÜCKSTELLUNG

Der Antrag des BFG mit der vorgeschlagenen Aufhebung des Zinssatzes von 6 % wurde abgewiesen. Der VfGH sieht keine Unsachlichkeit in der unterschiedlichen Behandlung sonstiger langfristiger Rückstellungen und der Rückstellungen für Jubiläumsgelder bzw. direkter Leistungszusagen. Der VfGH führt verschiedene Standpunkte an und führt, mE durchaus konsistent, die Sachlichkeit einer unterschiedlichen Behandlung an.

 

ES BLEIBT ALSO WEITERHIN BEIM RECHNUNGSZINSSATZ VON 6 % FÜR PENSIONSRÜCKSTELLUNGEN IM STEUERRECHT.

 

Zeitgemäß und wünschenswert wäre sicherlich ein niedrigerer Zinssatz, vorzugsweise eine analoge Bewertung wie im UGB. Dies kann jedoch ausschließlich durch den Gesetzgeber umgesetzt werden. In Anbetracht der auch im Regierungsprogramm beschworenen weiteren Harmonisierung von UGB und EStG wäre dies unbedingt zu begrüßen, da es zu wesentlichen Vereinfachungen für die Unternehmen führt. In Summe verliert der Staat damit keine Steuerleistungen.

 

Diese Entscheidung darf jetzt aber nicht so betrachtet werden, dass die dLZ "ungünstig" wäre. Fakt ist, dass auch ein niedrigerer Zinssatz im EStG (und somit höhere Rückstellungen) nicht zu "mehr Steuerersparnis" führen wie dies so gerne verkauft wird. Eine Rückstellung baut sich auf und wieder ab - das Ergebnis am Ende ist NULL. Eine höhere Rückstellung führt nur dazu, dass man es steuerlich schneller geltend machen kann. Die wahren Vorteile einer dLZ können ganz woanders liegen.


ursprünglicher beitrag vom 10.2.2020 (ZUR INFO)

Ein Beschluss des Bundesfinanzgerichts (BFG) vom 13.1.2020 lässt aufhorchen. Es erging ein Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung/Aufhebung bezüglich des Rechnungszinssatzes für langfristige Rückstellungen. Der konkrete Fall bezieht sich zwar auf Jubiläumsgeldrückstellungen, das BFG geht jedoch ausdrücklich auch auf Pensionsrückstellungen ein.

 

Wird dem Antrag in dieser Form entsprochen oder zumindest eine verfassungskonforme Gesetzesänderung initiiert, so wäre damit der unzeitgemäß hohe Abzinsungssatz von 6 % im EStG für Pensionsrückstellungen Geschichte.

GZ. RN/7100001/2019, Antrag des BFG an den vfgh

Kurz gefasst hegt das BFG verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Ungleichbehandlung langfristiger Rückstellungen gemäß § 9 Abs. 5 EStG und der Spezialregelungen des § 14 EStG in Hinblick auf den zu verwendenden Zinssatz (3,5 % gemäß § 9 Abs. 5 EStG und 6 % gemäß § 16 Abs. 6 EStG).

 

Sinngemäß führt das BFG aus, dass eine Differenzierung zwischen der allgemeinen (§9) und der speziellen (§ 14) Norm zwar zulässig und teilweise geboten sei, jedoch die Differenzierung bei den Zinssätzen dazu führt, dass Gleiches ungleich behandelt wird. Der Gesetzgeber hat zwar einen gewissen Spielraum, wenn ausreichend begründende Faktoren vorliegen, der Gleichheitssatz jedoch gilt als verletzt, wenn es für die Ungleichbehandlung keine Rechtfertigungsgründe gibt.

 

Der gesamte Beschluss/Antrag ist über Findok auf der Homepage des BMF zugänglich.

Pensionsrückstellung im UGB und ESTg

Wesentliche Differenzen zwischen ugb und estg

Direkte Leistungszusagen erfreuen sich für Gesellschafter-Geschäftsführer, aber auch als Bindungsinstrument für Arbeitnehmer, zunehmender Beliebtheit. Mehr zu direkten Leistungszusagen generell finden Sie hier.

 

Wo das EStG für Pensionsrückstellungen gemäß § 14 Abs. 6 einen Abzinsungssatz von 6 % normiert, so fällt dieser im UGB deutlich geringer aus. Gemäß AFRAC 27 (März 2018) kann eine Wahl zwischen verschiedenen Zinssäten getroffen werden, im KMU-Bereich weitverbreitet sind hier der 7- bzw. 5-jährige Durchschnittssatz der deutschen Bundesbank (per 31.1.2020 betrug der 7-jährige Satz beispielsweise 1,94 %, der 5-jährige 1,58 %). Je geringer der Zinssatz, desto höher ist die errechnete Rückstellung.

 

Zwar sieht § 5 Abs. 1 EStG die sogenannte Maßgeblichkeit der UGB-Bewertung auch für die steuerliche Gewinnermittlung grundsätzlich vor, dies gilt jedoch nicht, wenn das EStG zwingende Vorschriften für eine andere Art der Bewertung vorsieht. Genau dies ist in Hinblick auf Pensionsrückstellungen der Fall, da § 14 Abs. 6 EStG einen Diskontierungszinssatz von 6 % vorsieht. Zwar verfolgen UGB und ESTG unterschiedliche Zielsetzungen (UGB den Gläubigerschutz und EStG die Gewinnermittlung), doch erscheint diese wesentliche Differenz mE sachlich nicht begründbar.

Konsequenz der unterschiedlichen rückstellungshöhen

Die Rückstellung im UGB (bzw. die jährliche Dotierung dieser) reduziert den unternehmensrechtlichen Gewinn einer Kapitalgesellschaft. Steuerlich reduziert sich der Gewinn jedoch nicht im gleichen Ausmaß, da die steuerrechtliche Rückstellung (und die jährliche Zuführung zu dieser) oftmals wesentlich geringer ausfällt. Diese Differenz wird jährlich im Rahmen der Bilanzerstellung im Zuge der sogenannten Mehr-Weniger-Rechnung ermittelt. Man kann also steuerlich faktisch weniger als Betriebsausgaben geltend machen, als man dies als unternehmensrechtlichen Aufwand ansetzt. Man "verliert" diese Betriebsausgaben aber nicht, sondert schiebt sie lediglich auf. Wird aus der Zusage geleistet, so werden diese einmalig (bei Abfindung oder Tod) oder laufend (bei laufender Pensionsauszahlung) wieder "aufgeholt".

 

Das ändert aber nichts daran, dass es attraktiver (und wohl auch "gerechter") wäre, wenn diese Absetzbarkeit sofort zur Gänze oder zumindest deutlich höher als in der aktuellen Rechtslage vorzunehmen ist.

Auseinanderdriften zwischen pensionsRückstellung im ugb und estg - ein beispiel

Folgendes Diagramm soll das deutliche Auseinanderdriften zwischen den beiden Rückstellungen visualisieren. Ein 40-jähriger Mann erhält am 1.1.2020 eine Zusage auf Alterspension in Höhe von EUR 500,00, 14 x p.a., mit Alter 65. Wie verhalten sie die Rückstellungen im Steuer- und Unternehmensrecht (Zinssatz Unternehmensrecht Annahme 1,94%)?

Vergleich Rückstellung UGB und EStG.

Was bedeutet das für pensionsrückstellungen

Das BFG führt auch aus, dass eine Streichung des § 14 Abs. 6 EStG den Zinssatz von 6 % für die Berechnung der Pensionsrückstellung beseitigen würde, wobei aber natürlich die Spezialregelung des § 14 für Pensionsrückstellungen weiterhin anwendbar ist. Der Zinssatz wäre dann verfassungskonform unter Anwendung des Maßgeblichkeitsprinzipes zu ermitteln.

 

Bedeutet konkret: Die Rückstellung im UGB und ESTG wären, bis zu einer Änderung einer Zusage, grundsätzlich gleich hoch!

Pensionsrückstellungen im lichte von afrac 27

In Kombination mit den Regelungen für die Ermittlung von Pensionsrückstellungen im UGB könnte sich, bei konsistenter Umsetzung der Maßgeblichkeitsregelungen für steuerrechtliche Rückstellungen, eine weitere deutliche Verwaltungsvereinfachung für Unternehmen ergeben. In diesem Zuge sei auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit einer "vollständigen Deckung" verwiesen. Mehr dazu finden Sie hier.

Hoffnung auf den VfGH bzw den gesetzgeber

Wann und in welcher Form hier letztlich etwas rauskommt, vermag man nicht zu sagen. Definitiv würde damit aber eine unsachliche Regelung der Geschichte angehören und direkte Leistungszusagen noch attraktiver gestalten. Natürlich wäre es im Sinne der Unternehmen, wenn neben einem Zinssatz auch andere, teilweise nicht ganz nachvollziehbare, steuerliche Sonderregelungen für die Berechnung der Pensionsrückstellung an das UGB angeglichen werden. Aber schon eine reine Senkung des Zinssatzes wäre ein wichtiger Schritt.

 

Da dann auch laufend höhere, steuerlich wirksame, Rückstellungsdotierungen vorgenommen werden können, könnte dies dazu führen, dass man bei Betriebsprüfungen generell Pensionszusagen noch intensiver auf ihre steuerliche Konformität überprüft.

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Beste Grüße,

Markus Reindl