Mit Wirkung 1.1.2018 wurden die Einkommenssteuerrichtlinien dergestalt geändert, dass sich bei direkten Leistungszusagen die steuerlich anerkannte Obergrenze für die Höhe der zugesagten Pension des § 14 Abs. 6 Z 5 EStG (das sind die 80 % des Aktivlohnes) nur mehr am tatsächlichen Aktivbezug orientieren kann (vorher: fiktiver angemessener Bezug).
Zur Erinnerung: Für (neue) Zusagen ab dem Jahr 2018 kann, wenn kein Aktivbezug oder nur ein geringer Aktivbezug der begünstigten Person vorliegt, nicht mehr ein "fiktiver angemessener Bezug" angesetzt werden, sondern es ist auf den tatsächlichen Bezug abzustellen. Dies ist maßgeblich für die Berechtigung zur Bildung der steuerrechtlichen Rückstellung gemäß § 14 Abs. 6 EStG.
In der Praxis ergeben sich dazu aber doch immer wieder einige Fragen in Hinblick auf Zusagen, welche bereits vor 2018 bestanden haben, sei dies von Beraterseite oder Seite der steuerlichen Vertretungen oder aber gar SCHLICHTWEGS FALSCHE Interpretationen. Insbesondere was nun gilt wenn man eine "alte" Zusage ändert.
Zusagen ohne oder bei unangemessen niedrigem Aktivbezug treten zwar sicherlich nicht allzu oft auf, von "selten" kann man in der Praxis aber, insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern (GGF), keinesfalls sprechen. In der Praxis kommen sie steuerlichen Vertretungen, uns und vielleicht auch Ihnen immer wieder einmal unter die Augen. Darf man die jetzt nicht mehr "angreifen"? Folgend eine richtlinienkonforme Betrachtung:
Auf Sonderregelungen (zB konformes Unterschreiten ausgewissen Gründen) oder anzurechnende Leistungen aus Pensionskassen oder betrieblichen Kollektivversicherungen wird folgend mangels Relevanz für die konkrete Fragestellung nicht näher eingegangen.
aktivbezug und firmenpension aus direkter leistungszusage - die regelung ab 1.1.2018 (EStR rz 3387) und die häufigsten fehlannahmen
fehlinterpretation 1: wie ist das mit "zusagen ab 1.1.2018" zu verstehen?
Wir hören manchmal, glücklicherweise sind dies Einzelfälle, dass ab dem Jahre 2018 auch bei bestehenden Zusagen, welche vor 2018 erteilt wurden, keine (fehlender Aktivlohn) oder eine niedrigere (niedriger Aktivlohn) Rückstellung gemäß EStG mehr anzusetzen ist.
Dem ist keineswegs so! Aber folgend die Regelung der Einkommenssteuerrichtlinien (EStR) Rz 3387 wortwörtlich:
Für Pensionszusagen bis 31.12.2017 gilt:
Im Falle einer Pensionszusage ohne Aktivlohn oder bei einem unangemessen niedrigen Aktivlohn ist für die Bemessung der 80%-Begrenzung ein fiktiver angemessener Lohn heranzuziehen.
Für Pensionszusagen ab 1.1.2018 gilt:
Es ist auf die tatsächliche Höhe des letzten laufenden Aktivbezuges abzustellen. Im Falle einer Pensionszusage ohne Aktivlohn kommt eine Rückstellungsbildung nicht in Betracht. Bei einem unangemessen niedrigen Aktivlohn ist für die Bemessung der 80%-Begrenzung der tatsächliche Lohn maßgebend.
Die Rz 3387 besagt mE unmissverständlich, dass das Zusagedatum maßgeblich ist. Auf alle vor dem 1.1.2018 erteilten Zusagen ist auch für die Zukunft die ursprüngliche Ansicht der EStR (Maßgeblichkeit des fiktive Bezuges) anzuwenden. Zumindest bis zur damalig erteilten Höhe der Pensionszusage.
Nur für ab dem 1.1.2018 erteilte (neue!) Zusagen gilt die ab 1.1.2018 anzuwendende Betrachtungsweise. Genau dies besagen auch die EStR selbst in weiterer Folge eindeutig (Rz 3393 - aber Achtung bei der Interpretation, mehr dazu siehe Folgepunkt).
Fehlinterpretation 2: Änderung einer "alten" pensionszusage steuerschädlich?
Diese Fehlinterpretation kommt leider recht häufig vor. Eine Änderung einer Pensionszusage ist keine neue Zusage, grundsätzlich unabhängig von der Art der Änderung (außer im steuerlichen Sinne: Erhöhung - siehe dann weiter unten) ändert sich nichts an der Betrachtung, dass für diese Zusage nach wie vor die Regelung der "Zusage bis 31.12.2017" anzuwenden ist.
Beispiel: ein GGF (kein oder sehr geringer Aktivbezug) erhielt im Jahre 2015 eine Pensionszusage, 2023 wird diese geändert (zB Einbau einer Hinterbliebenenleistung, Reduktion, Verlängerung,...). Die Änderung führt NICHT dazu, dass die Zusage jetzt nicht mehr oder in geringerem Maße rückstellungsfähig im Sinne des § 14 EStG wäre. Das muss natürlich gleichsam bei einer Übertragung einer direkten Leistungszusage auf einen anderen Arbeitgeber iSd Rz 3398 EStR gelten. Selbstverständlich aber auch, wenn "nur" auf eine Beitragsorientierung umgestellt wird (mehr zu möglichen Vorteilen einer solchen Umstellung finden Sie hier)
Darauf gehen auch die EStR in Rz 3393, eigentlich nur klarstellend, ein. Vergleichsbasis für die 80% (bzw. 100%-Grenze unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pension) ist nach wie vor ein "fiktiver angemessener Lohn".
Exkurs anderer Sachverhalt: Gleiches muss im Beispiel auch gelten, wenn erst ab dem Jahre 2018 der Bezug soweit reduziert oder auf null gesetzt wird, dass die 80 %-Grenze nicht (mehr) eingehalten wird. Ach in diesem Falle ist weiterhin auf einen "fiktiven angemessenen Lohn" und nicht auf den tatsächlichen Bezug abzustellen. Wurde diese Zusage aber ab 2018 erteilt und fällt in den Folgejahren dann der Bezug auf null oder sehr niedrig, so ist mE ab diesen Zeitpunkt der Erwerb neuer Anwartschaften, wenn man es "rückstellungsoptimiert" haben möchte, einzustellen (zumindest solange dieser niedrige oder kein Bezug vorliegt). Die erworbene (beitragsfreie) Anwartschaft müsste weiterhin rückstellungsfähig bleiben (alles Andere würde zu einem "Verzicht" führen, was keinesfalls im Sinne des Richtliniengebers liegen kann).
Es ist vollkommen zweitrangig ob die Änderung in Form einer Ergänzung zur Zusage (Beiblatt) oder einer Zusage, welche die vorhergehenden Version(en) ersetzt (diese Variante würde ich grundsätzlich eher empfehlen, da damit Zusagen auch modernisiert werden können) durchgeführt wird. Unbedingte Vorsicht ist mE aber bei folgendem Sachverhalt geboten:
GERINGER ODER KEIN AKTIVBEZUG: ERHÖHUNG EINER PENSIONSZUSAGE WELCHE VOR 2018 erteilt wurde.
Meines Erachtens wäre eine Erhöhung einer Pensionszusage, welche die Wurzel ihrer Rückstellungsbildung iSd EStG in der Betrachtung eines fiktiven angemessenen Bezuges hat, nicht steuerlich anerkannt. In Hinblick auf die Rückstellungsbildung im Sinne des EStG (und die besagte Regelung in Hinblick auf Aktivbezug und Pensionshöhe bezieht sich auf die Rückstellungsbildung) normiert das EStG, dass Erhöhungen (fast) immer als Neuzusagen zu werten sind (§ 14 Abs. 6 Z 2 iVm EStR Rz 3383). Richtlinienkonsistent müsste die Erhöhung als steuerlich auch hier als Neuzusage betrachtet werden. Ebenso würde ich die Regelung bei vereinbarten Indexanpassungen hier analog betrachten (wenn in der ursprünglichen Zusage in fixer Höhe vereinbart, dann weiterhin volle Rückstellungsfähigkeit).
Dies bezieht sich jedoch nur auf den Teil der Rückstellung, welcher auf die Erhöhung zurückzuführen ist - bis zur ursprünglich (vor 2018) erteilten Höhe gilt weiterhin die Regelung des "fiktiven angemessenen Lohnes". Im UGB ist die Rückstellung natürlich unabhängig von der steuerlichen Betrachtung sofort anzupassen.
Dass die Rückstellung im EStG bestenfalls eine Steuerstundung und keine, wie so oft behauptet, "Ersparnis" ist, ist eine andere Geschichte... Unzweifelhaft ist es für eine Pensionslösung über eine direkte Leistungszusage jedoch optimal die EStG-Rückstellung in maximal möglicher Höhe auch wirklich bilden zu können.
ÄNDERUNG VON DIREKTEN LEISTUNGSZUSAGEN ohne oder geringer aktivbezug: Conclusio
Generell wäre mein Tipp bei Pensionszusagen ohnehin die steuerlichen Grenzen in aller Regel (deutlich) nicht auszureizen. Aber lassen Sie sich auch bei "alten" Zusagen und wenn Ihr Klient/Kunde keinen oder einen geringen Aktivbezug hat nicht verunsichern. Diese Zusagen können grundsätzlich trotzdem "risikofrei" geändert werden. Dass direkte Leistungszusagen, insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern sehr attraktiv sein können (mehr dazu siehe hier) sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben - dies setzt aber in aller Regel eine laufende Wartung und Anpassung der Lösungen voraus.
Wenn Sie glauben, dass dieser Überblick auch für Kollegen oder Kunden von Interesse sein könnte, so teilen Sie einfach über mail oder die sozialen Netzwerke!
Beste Grüße,
Markus Reindl